Da lag er nun, der kleine Plüschbär. Völlig verdreckt hatte er die Nacht auf der Straße verbracht, verloren gegangen oder ausgesetzt? Noch am Nachmittag zuvor hatten sich Salmini und Jina so heftig um den Bären gestritten, das ich mich doch einmischen musste. Die beiden zogen und zerrten an dem Bären, als ob es um sonst was ginge. Dabei gehört der Bär Jina, sie trägt ihn unentwegt mit sich herum und spielt mit ihm Baby, dabei ist sie selbst gerade mal knapp drei. Die Mutter von Jina kenne ich nicht, sie nicht zu sehen und die Kleine ist von früh bis spät allein unterwegs. Kein Wunder, dass sie so sehr an ihrem Bär hängt, der vor dieser Nacht schon völlig verdreckt und zerschlissen war. Kurz bevor es dunkel wurde, sah ich den Bär, bei Salmini der ja direkt neben uns wohnt. Wie der Arme dann auf die Straße kam weiß ich nicht, er lag jedenfalls heute Morgen einsam und völlig schmutzig auf der Straße. Ein so rührendes Bild, da konnte ich nicht wiederstehen und musste ein paar Fotos machen. Kurz darauf kam die kleine Jina und schloss ihren Bär in die Arme. Im Übrigen ist der Bär das einzige Kuscheltier, das ich hier, bis jetzt zu Gesicht bekommen habe. Die Kinder in unserer Straße besitzen kein, oder so gut wie kein Spielzeug, sie spielen mit dem, was sie so finden. Dabei können sie sehr erfinderisch sein, eine Plastikschachtel dient als Handy oder als Schaufel, je nachdem. Vieles erinnert an das Spiel europäischer Kinder und sie haben natürlich den gleichen Bewegungsdrang wie alle Kinder auf dieser Welt. Sie spielen Pferdewagen, obwohl sie bestimmt noch nie ein Pferd zu Gesicht bekommen haben. Ein altes Kassettenband dient als Leine, einer ist das Pferd und der andere lenkt das Ganze. Sie finden einen alten Topf und spielen Kochen. Hin und wieder scheint sich ein Vater zu erbarmen und baut aus einer Plastikflasche ein Auto, dass bekommt ein Band und kann nun stolz durch die Gegend gefahren werden. Ein alter ausrangierter Rollkoffer dient für einen Nachmittag als Fahrzeug und sorgt für lautes, vergnügtes Quietschen, mehr als einen Nachmittag hält das Gefährt, allerdings nicht durch. Mini und Kassim besitzen einiges an Spielzeug und werden darum sehr gerne besucht, und auch ein bisschen beneidet, ich hoffe natürlich, dass sie nicht nur deswegen so viele Freunde haben. Aber auch die beiden sind sehr kreativ, die Erde hier ist scheinbar sehr lehmhaltig, Mini hat großen Spaß daran, mit diesem Material quasi zu kneten. Er bekommt meist Nacharmer und so sitzen dann auf unserer Veranda 5-6 Kinder und kneten fröhlich darauf los. Vor zu hohem Fernsehkonsum müssen die Kinder nicht beschützt werden, es gibt zwar in vielen Haushalten einen Fernseher, aber ein Kinderprogramm nach unserer Vorstellung gibt es scheinbar nicht. Ich finde es sehr befremdlich, was in der Öffentlichkeit wie z.B. in den Überlandbussen, gezeigt wird. Über Jugendschutz hat sich wohl noch niemand Gedanken gemacht. Mini schaut mit mir manchmal "Bongokids" im Internet an, es erinnert mich an die „Sendung mit der Maus“ und wir mögen es beide sehr. Es gibt dazu auch Bücher, aber sie sind schwer erhältlich und vergleichsweise teuer. Natürlich gibt es Spielzeug zu kaufen, aber es ist teuer und qualitativ eher schlecht. So sind die Kinder also darauf angewiesen Kreativität und Fantasie zu entwickeln, um sich zu beschäftigen. Wenn ich an die vollgestopften Kinderzimmer in Deutschland denke und daran denke, wie schwer es vielen Kindern fällt, kreativ zu spielen, ist diese Fähigkeit natürlich ein enormer Gewinn für die kindliche Entwicklung.
Heute Nachmittag kam Jina ein paar Mal an mir vorbei, den Bären immer fest im Arm.
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Eva Winter aus Hessen (Freitag, 25 Mai 2018 10:36)
Nachdem ich deine berührende Collage in der FC schon gesehen habe, musste ich doch auch die kleine Geschichte dazu lesen. Was ist das doch für eine andere Welt. Unsere Kinder leben im Überfluss und können sich so ein Leben gar nicht vorstellen, aber ich bin sicher, dass die Kleine mit ihrem Bären sehr glücklich ist, besonders wo sie ihn doch wieder bekommen hat.
Wünsche dir auf diesem Wege mal alles Gute und weiterhin noch viel Freude an der Fotografie, womit du uns in deine neue Welt mitnimmst.
Herzliche Grüße von Eva
Diana v. Bohlen (Freitag, 25 Mai 2018 19:05)
Sie ist noch so klein und hat doch schon die Fähigkeit, etwas zu geben, was Sie selbst am meisten vermißt...Schutz und Geborgenheit !
eine so anrührende Geschichte !
viele liebe Grüße
Diana
Ulla Holbein (Samstag, 26 Mai 2018 21:17)
Hallo liebe Elke,
wieder mal ein so anrührender Bericht von dir. Und dazu die goldigen Fotos!...
Man sieht es der kleine Jina an, wie glücklich sie mit ihrem Bären ist.
Und wenn ich mir die verlinkten Fotos anschaue, so hat sie an ihrem "Babybär" schwer zu tragen! :)
Unfassbar, dass so ein kleines Kind den ganzen Tag allein durch die Gegend läuft.
Aber sie kennt es nicht anders und ich denke, es wird vielen Kindern dort so gehen.
Als Dreijährige ist sie schon so selbstständig, es bleibt ihr ja auch nichts anderes übrig!...
Man fragt sich allerdings schon, wie wird ihr Leben mal verlaufen.
Liebe Grüße aus dem viel zu warmen Deutschland (30° und mehr)!...:)
Dir und deiner Familie ein schönes WE...herzlichst Ulla
Ulla Holbein (Samstag, 26 Mai 2018 21:21)
Hallo Elske, entschuldige......"es war keine Absicht, dass ich dich im obigen Schreiben mit "Elke" anrede.
Mein Laptop fand den Namen einfach besser und hat deinen Namen ganz automatisch mal kurz umformuliert!!...
Nochmal Entschuldigung, ich hätte es ja korrigiert, aber das geht ja nicht! :)))
Elke Becker (Mittwoch, 30 Mai 2018 12:25)
Liebe Elske,
eine sehr anrührende Geschichte mit schönen Bildern ist das. Auch bei uns hat ein Teddy ja eine große Bedeutung für kleine Kinder und ist oftmals der erste, beste Freund, dem man alles anvertrauen kann, ohne Angst haben zu müssen, dass er es weiter erzählt.
Es ist toll anzusehen, wie die kleine Jina ihr Baby mit Liebe und Fürsorge umgibt. Sie hüllt es in eine Decke, damit es nicht friert und trägt es so, dass es schlafen kann.
Ein bildhübsches, kleines Mädchen, doch ihre schönen Augen sind nicht mehr die einer Dreijährigen. Sie schauen schon sehr wissend. Ich habe ein großes Bedürfnis, sie mitsamt ihrem Baby-Bär in die Arme zu nehmen, sie völlig Kleinkind sein zu lassen und mit ihr zu spielen.
Deine Geschichten gehen mir sehr unter die Haut, gerade weil ich Afrika mit seinen Menschen und seiner Tierwelt kennen und lieben gelernt habe!
Mit großer Freude "verfolge" ich Dich hier!
Bis bald, ganz liebe Grüße an Dich und Deine Familie,
Elke mit Puschkin :-)
Dorothea Weckmann-PIper (Samstag, 02 Juni 2018 22:35)
Liebe Elske,
Die Geschichte ist sehr berührend.
Und Du erzählst sie so aus Deinem Herzen, dass man alles mitzuerleben scheint.
Danke !!
Liebe Grüße und weiter alles Gute , Dorothea