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Kohlrouladen oder ein paar Gedanken über die Gleichberechtigung


Gestern waren wir auf dem Markt und mir fiel sofort ein Wirsingkopf ins Auge. Kohlrouladen hatte ich schon seit einer Ewigkeit nicht mehr gegessen und bei dem ständigen Nass-kalten Wetter wäre das auch genau das richtige und für was Neues ist Sadat auch immer zu haben. Was soll ich sagen, sie sind richtig gut geworden und haben meinem lieben Mann sehr gut geschmeckt. Den Kindern leider nicht, es gibt jetzt zwar schon einiges was sie probieren, aber die afrikanische Küche ist ihnen deutlich lieber. Ich glaube, ich habe schon mal erwähnt, dass ich nicht besonders gerne koche, Sadat dagegen blüht in der Küche auf. Immer wieder schön, wie er singend in der Küche Mandasi zubereitet. So auch neulich: singend mit einer Küchenschürze umgebunden war er dabei zu kochen, als die erste Frau unseres Vermieters an unserem Küchenfenster halt machte. Ich stand sehr relaxt neben Sadat und schaute ihm zu. Die Gute beobachtete uns wohl eine Weile, bis sie Sadat fragte, ob ich ihr meine Woodoukünste beibringen würde, sie hätte auch so gerne einen Mann der für sie kocht. Das ich vorab den Haushalt mit Wäsche waschen, abwaschen, Betten machen bewältigt hatte, konnte sie ja nicht wissen. Dennoch, sie war wirklich erstaunt einen kochenden Mann zu erleben.   Ich  wasche meist unsere Wäsche auf der Veranda oft schauen dann die Kinder aus der Straße zu, was die ich da so mache. Die Erwachsenen sind eher verblüfft wenn sie Sadat beim Wäsche waschen beobachten, der ist sich nicht dafür zu schade und hilft mir oft. Hin und wieder ziehe ich ihn damit auf, “ was wohl die Leute denken, wenn du Wäsche wäscht“ Seine Antwort: „die Leute leben nicht unser Leben.“ Ungewöhnlich, sehr ungewöhnlich für afrikanische Verhältnisse. Aber auch hier in Tanzania emanzipieren sich die Männer, tragen ihre Kinder auf dem Arm und helfen auch mal im Haushalt mit. Vielleicht sind es noch nicht so viele Männer, aber es wird.

 

Aber Spaß beiseite, die Gleichberechtigung der Geschlechter ist zwar in Tansania rechtlich und gesetzlich verankert, die Realität hinkt jedoch in vielen Bereichen noch hinterher. Gerade in ländlichen Gebieten sind die Menschen noch sehr in alten Traditionen verhaftet und so haben es diese Frauen deutlich schwerer sich zu entwickeln, als Frauen in stätischen Regionen, deren Leben sich oft nicht so sehr vom Leben einer Frau in westlichen Ländern unterscheidet. Es gibt junge Frauen, die mit Laptop und Internet genau so selbstverständlich umgehen wie ihre Altersgenossinnen in Europa. Es liegen wirklich Welten zwischen dem Leben einer einfachen Frau in einer abgelegenen ländlichen Region und dem einer wohlhabenden Städterin z.B. in Dar-es-Salaam. Dazu kommt, dass eine positive Lebensperspektive ganz entscheidend von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Familie abhängt. Das Schulgeld für eine private Schule kann sich nicht jede Familie leisten, dass dies bei einer enorm hohen Arbeitslosigkeit fatal ist, kann sich jeder vorstellen. Vor einiger Zeit wurde im Internet eine Demonstration gezeigt, bei dem sich viele Alleinstehende  Mütter bei einem Politiker beschwerten, das sie ohne jegliche Hilfe mit ihren Kindern da stünden, da die Väter der Kinder sie verlassen hätten. Eine stattliche Hilfe gibt es für diese Frauen nicht, sie müssen zusehen wie sie zu Recht kommen um nicht zu verhungern. So sind die Kinder in diesen Familien dazu gezwungen, den Lebensunterhalt  mit zu bestreiten, dadurch tritt die Schulbildung in den Hintergrund, ein Teufelskreislauf.  In Deutschland wird schon seit Jahrzenten über Chancengleichheit diskutiert und auch in Deutschland sind die wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie oft noch Wegweisend für die Kinder. Hier wird über Chancengleichheit meines Wissens nach, gar nicht oder nur sehr leise diskutiert, darunter leiden am meisten , schlecht oder gar nicht ausgebildete junge Frauen. Das ein Land, dass ja meist zur Hälfte aus Frauen besteht,  eine große Ressource  innerhalb der Volkswirtschaft nicht nutzt, ist schon irgendwie merkwürdig. Denn die wirtschaftlichen Erträge könnten laut Unicef um bis zu 22 Prozent gesteigert werden, hätten die Frauen den gleichen Zugang zu Ausbildung, Saatgut, Krediten usw. wie Männer. Außerdem würde durch eine bessere Schulbildung die Säuglingssterblichkeit zurück gehen.

 

 

Die kochenden, putzenden Männer geben also Hoffnung, dass sich auch in Punkto Gleichberechtigung nicht nur innerhalb der Familien etwas verändert. 


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Kommentare: 1
  • #1

    Ulla Holbein (Sonntag, 13 Mai 2018 12:13)

    Hallo Elske und Familie,

    mit großem Interesse hab ich wieder diesen "deinen Beitrag" gelesen und es ist immer wieder spannend!...
    So schön und interessant, wie du uns an deinem jetzigen neuen Leben teilhaben lässt!...
    Ich freue mich jedesmal von dir zu lesen und wünsche dir und deiner Familie einen sonnigen Sonntag!
    Liebe Grüße vom Bolleteam, besonders Ulla :)
    PS: ..und klar, Kohlrouladen sind sehr lecker, aber auch in Deutschland mag sie nicht jeder! :)))