Kurz vor meinem Aufbruch nach Tanzania habe ich diese Zeilen aus dem Buch „Teilstrecken“ von meinem Sohn Jakob wieder entdeckt:
Jetzt oder nie, ein Aufbruch beginnt mit Abschied. Ausgedient hat die Zeit, die ab jetzt alt heißt. Neue Ufer nicht seicht.
Diese Zeilen haben mich berührt und geben ein Teil meiner Gefühle wieder. Für viele Bekannte, Freunde und natürlich auch die gesamte Familie kam meine Entscheidung nach Tanzania zu gehen aus heiterem Himmel. Verstanden haben ihn die wenigsten. Glück haben mir viele gewünscht. Die Zeit zwischen dem Entschluss zu gehen und der Ankunft in Tanzania war emotional sehr stressig, gezweifelt habe ich nur sehr selten. Auch wenn ich natürlich nicht weiß wie sich mein Leben hier gestalten wird, wusste ich die ganze Zeit, ich muss gehen ich muss das Wagen und nicht nur der Liebe wegen, natürlich ist das die stärkste Kraft. Ich möchte mich auch einfach nochmal ausprobieren. Herausfinden was ich kann oder eben nicht kann.
Den Abschied von Freunden, Kollegen und der Familie hatte ich mir schlimmer vorgestellt, aber ich war seit meinem ersten Aufenthalt in Tanzania nicht wirklich in Deutschland angekommen, die Sehnsucht war einfach zu groß.
Nun endlich der heiß ersehnte Abreisetag, dass mich alle meine drei Söhne zum Bahnhof gebracht haben, hat mich dann doch sehr berührt.
Dann die Bahnfahrt, warten am Flughafen, nochmal achteinhalb Stunden Flug, durch den Zoll um das Visum zu beantragen. Endlich ist es geschafft und ich bin Zuhause. Ich weiß, es für alle schwer zu verstehen, aber ich fühle mich Zuhause. In Winterkleidung komme ich an, Sadat holt mich vom Flughafen ab, nur schnell die Koffer ins Taxi und losfahren. Wir haben einen Vormittag Zeit für uns, Mini wartet bei Happy auf uns. Happy ist Minis Kindermädchen, sie macht außerdem die Wäsche für alle. Die Begrüßung ist so herzlich, die Nervosität auf allen Seiten verschwindet recht schnell.
Alles ist neu und ungewohnt nicht eingeübt und trotzdem fühlt es sich nicht fremd an. Gegenüber näht eine Frau seit heute morgen auf ihrer Nähmaschine das Geräusch hat was beruhigendes, sie näht in einer kleinen Lehmhütte ohne Licht, heute morgen hat sie mich das erstemal gegrüßt, die Frauen grüßen weniger, zeigen mehr Distanz, die Kinder winken meist freundlich, genau wie junge Männer, ich bin hier die einzige Weiße (Mzungu) glaube ich jedenfalls. Hin und wieder höre ich das Wort Mzungu hinter mir, nicht böse eher fragend neugierig, die Kinder scheinen mich einfach so hin zu nehmen.
Vorgestern sind wir mit dem Sammeltaxi in die Stadt gefahren, ich wollte unbedingt in einen Supermarkt, Kaffee, Milch ein paar Kekse. Außerdem kam der lang ersehnte Anruf, die Nähmaschine ist eingetroffen, diesmal ging es relativ schnell, weil die Angestellten uns schon vom Vortag kannten, das Paket mit der Bettwäsche war an diesem Tag eingetroffen, wir haben ewig gewartet bis alles an Papierkram erledigt war. Sadat und Happy sind von der Nähmaschine begeister, elektrische Nähmaschinen sind scheinbar sehr selten.
Bis ich alleine Sammeltaxi fahren kann wir es eine Weile dauern, nach wie vor muss ich mich an den Linksverkehr gewöhnen und bis ich weiß wo ich ein und aussteigen muss wird nicht so schnell passieren, oder ich muss einfach mutig drauflos fahren. Den Weg zu Happy habe ich schon fast gelernt. Happy hat viel Geduld mit mir, was antworte ich auf mambo vipi, ich antworte poa, wie sage ich tschüss und einige Wörter kann ich kaum aussprechen. Sie wiederholt alles geduldig und langsam, Sadat macht das genauso. Die Verständigung mit Mini ist unkompliziert wir reden einfach mit Händen und Füßen, aber auch er gibt sich sehr viel Mühe mir die Wörter auf Suaheli vorzusprechen. Er lernt jedenfalls deutlich schneller deutsch als ich Suaheli.
Nachdem wir so viel Stress mit dem Paket hatten und Mini wirklich viel laufen musste, hatten wir eigentlich keine Lust mehr auf eine großartige Einkaufstour. Am späten Nachmittag kam Happy vorbei und Sadat hat mich gleich mit ihr auf den Markt geschickt, der ist nur freitags in der Nähe. Wir beide waren ziemlich aufgeregt unsere Konversation ist ja noch sehr spärlich auf jeden Fall herzlich. Hin und wieder hat sie mich wirklich an die Hand genommen, damit ich vor kein Auto laufe. Nun weiß ich, dass ich nicht nur zwei oder drei Tomaten kaufen kann oder eine kleine Menge Möhren. Die Preise habe ich natürlich nicht verstanden. Der Kühlschrank ist jedenfalls für die nächsten Tage gefüllt. Aus Fleisch und Gemüse sowie Spagetti habe ich das erste Gericht serviert, Sadat hat es tapfer gegessen, Mini hat gestreikt.
Gestern am Silvestertag haben Sadat und ich uns aufgemacht um für den Abend eine Flasche Sekt zu kaufen, wieder Sammeltaxi fahren, drei Supermärkte haben wir abgeklappert, aber wir haben sie erstanden. So ein entspanntes Silvester hatte ich schon lange nicht.
Und jetzt sitze ich an Neujahr hier, auf unserer Veranda tummeln sich wie jeden Tag zwischen 3 und 6 Kindern. Mini bringt ihnen bei auf Deutsch bis 10 zu zählen und mich mit: Guten Tag zu begrüßen. Sie spielen sehr zufrieden, nur ganz selten habe ich das Gefühl mich einmischen zu müssen und dann reicht es, dass ich kurz schaue.
Meine ersten Schritte sind gemacht und sie fühlen sich gut an.
Euch allen wünsche ich ein schönes und entspanntes neues Jahr.
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Michel -- Plüschprum (Sonntag, 07 Januar 2018 21:33)
Hallo Elske,
Du hast meinen Respekt. Egal was Dich nach Tansania gezogen hat, so einen Schritt macht nicht jeder und ich wäre der Letzte der es sich trauen würde. Und das hat nichts mit irgendwelchen Vorbehalten der Fremde gegenüber zu tun. Ich denke es ist sicher ein Großteil Bequemlichkeit.
Es liest sich alles auch noch so, als wäre es sehr neu für Dich. Ich werde sicher weiterhin mal hier reinschauen, weil ich es schon sehr spannend finde.
Vielleicht zeigst Du in der FC ja mal ein paar Eindrücke Deiner neuen Heimat?!
Frohes neues Jahr wünsche ich Dir und weiterhin viel Freude.
LG Michel
Elke Becker (Sonntag, 07 Januar 2018 21:57)
Liebe Elske,
ich gratuliere Dir zu dieser tollen Entscheidung und zu Deinem Mut!
Ich hatte mir große Sorgen um Dich gemacht und nun sehe ich diese wunderbare Nachricht und freue mich sehr mit Dir! Vielleicht weißt Du noch, wie sehr ich mich in diesen Kontinent verliebt habe - in die feinen Menschen und die wunderbare Tierwelt........
Heute nur ein kurzer Gruß von mir, doch ich habe diese Seite unter meinen Favoriten gespeichert und werde Dich mit Begeisterung verfolgen!
Vielleicht können wir ja ab und zu doch noch Deine tollen Fotos bestaunen und uns auch so "ein Bild machen"?
Ich wünsche Dir alles Glück der Welt und zusammen mit den Menschen, die Du liebst, ein wunderbares, neues Jahr, einen tollen, neuen Lebensabschnitt, der Dich glücklich machen soll und wird!
Ganz herzliche Grüße,
Elke (mit Puschkin) :-))
Veronika (Montag, 08 Januar 2018 17:43)
Hallo Elske,
ein gutes Neues Jahr 2018 wünsche ich dir, alles Glück der Erde für deine mutige Entscheidung . Habe deine ersten Eindrücke gelesen, meine Hochachtung, wie du das stemmst. Vielleicht zeigst du uns Fotos von deiner neuen Heimat in der FC.
Liebe Grüße
Veronika
Verena Sommer- Lichtspielereien (Donnerstag, 11 Januar 2018 00:05)
Hallo Elske,
wir finden es sehr mutig und wunderbar, dass Du diesen Weg eingeschlagen hast.
Ja, wir finden auch Dein Weg war die letzte Zeit nicht leicht, haben wir doch auch einige Stimmungen und traurige Erlebnisse mitbekommen.
Wir hoffen das Dein weiterer Weg jetzt angenehmer wird und Du zur inneren Ruhe kommst.
Werde dann mal diese Adresse speichern und hin und wieder gucken.
Ganz liebe Grüße aus Hamburg
Herbert & Verena
Diana von Bohlen (Dienstag, 30 Januar 2018)
Liebe Elske,
ich staue nicht schlecht, dass Du jetzt in Tanzania bist !
Was für ein Entschluß, sein vorheriges Leben so hinter sich zu lassen !
Ich wünsche Dir, dass Du Dich dort schnell und gut einlebst und vergiß nicht, darüber zu berichten...auch mit Bildern!
ich finde es total spannend, bald wieder von Dir zu hören!
ein herzlicher Gruß aus dem grauen und kalten Deutschland
Deine FC -Freundin Diana